NEW YORK/LONDON. Die Weltmarktpreise für Zucker haben in den vergangenen Wochen deutlich nachgegeben und dürften nach Einschätzung von Analysten in den nächsten Handelstagen die charttechnisch wichtige Unterstützungslinie ihres Ende April 2020 gestarteten Aufwärtstrends „testen“. An der Agrarterminbörse in London wurde der Kontrakt auf Weißzucker mit Fälligkeit im Mai 2021 heute Mittag gegen 12.40 Uhr für 423,10 $/t (367,90 Euro) gehandelt. Das waren zwar 13,7 % weniger als das in der zweiten Februarhälfte erreichte Mehrjahreshoch von 490,10 $/t (417,27 Euro). Allerdings liegt der aktuelle Kurs immer noch um fast 40 % über dem im April 2020 markierten Mehrjahrestief.
Ähnlich war die Entwicklung zuletzt beim Rohzucker an der New Yorker Börse. Für den betreffenden Maifuture 2021 wurden heute gegen 13.00 Uhr 14,86 cts/lb (278,92 Euro/t) bezahlt. Im Vergleich zu dem im Februar erreichten Mehrjahreshoch waren dies 15,2 % weniger; allerdings wurde das im April 2020 markierte Laufzeittief um 42,9 % übertroffen.
Analysten begründeten die jüngste Kurskorrektur der Zuckerfutures nach unten unter anderem mit Spekulationen, dass Brasilien seine Zuckererzeugung ankurbeln könnte. Als Auslöser wurde die besorgniserregende Ausbreitung der Covid-Pandemie in dem südamerikanischen Land genannt; damit steige die Wahrscheinlichkeit für eine Ausweitung der dortigen Lockdowns, wodurch die inländische Kraftstoffnachfrage sinken und die Ethanolpreise unter Druck geraten würden. Darauf könnten die Zuckerrohrverarbeiter mit einer Einschränkung der Ethanolproduktion und einer Ausweitung der Zuckererzeugung reagieren. Außerdem sorgte den Marktfachleuten zufolge die dritte „Corona-Welle“ in Europa für Preisdruck. Die Verschärfung der Vorsichtsmaßnahmen in Frankreich, Deutschland und Italien werde wahrscheinlich das hiesige Wirtschaftswachstum bremsen und damit auch die Rohstoffnachfrage, hieß es.
Unterstützung finden die Zuckerfutures durch die mögliche Einschränkung von Brasiliens Zuckerausfuhren. Analysten berichteten von zurzeit bereits verzögerten brasilianischen Sojabohnenexporten. Zahlreiche Schiffe in Brasiliens Häfen müssten in den kommenden Wochen mit Bohnen beladen werden, um den Rückstand aufzuholen. Dieser Engpass dürfte sich bis in den Mai fortsetzen; in dem Monat exportiert Brasilien normalerweise vor allem Zucker. AgE