HAMM. In die Riege der Kritiker des vom Bundeslandwirtschaftsministerium vorgelegten Referentenentwurfs für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz hat sich nun auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) eingereiht. Der Entwurf aus dem Berliner Agrarressort bringe das Tierwohl nicht voran und biete keine Perspektiven für Betriebe, monierte die AbL heute in einer Pressemitteilung. Es werde weder die Breite der Tierhalter beim Umbau mitgenommen, noch bekämen die Verbraucher Lebensmittel mit deutlich mehr Tierwohl auf den Teller. Die Pläne, die die Borchert-Kommission als branchenübergreifenden Konsens entwickelt habe, seien viel weiterreichender und zukunftsweisender und müssten dringend in dem Gesetz aufgegriffen werden, betonte die Arbeitsgemeinschaft.
Laut des AbL-Vorsitzenden Martin Schulz wollen die Bauern das Tierwohl verbessern, bekämen aber mit diesem unzureichenden Gesetzentwurf keine Grundlage dafür. „Damit werden wir nicht das Ziel einer gesellschaftlich akzeptierten Tierhaltung erreichen“, warnte Schulz. So spielten beispielsweise das Kupieren der Schweineschwänze oder Stroh als Einstreu- und Beschäftigungsmaterial keine Rolle. Das heiße, die Tiere könnten auch in den höheren Stufen der Tierhaltungskennzeichnung auf Vollspaltenböden stehen.
Zudem kritisiert die AbL, dass die Sauenhaltung in dem Gesetzentwurf nicht berücksichtigt ist. Damit sei fast die Hälfte des Schweinelebens von der Kennzeichnung ausgenommen. Den Verbrauchern werde auf dem Label aber suggeriert, das Tier hätte von der Geburt bis zur Schlachtung in der entsprechenden Haltungsform gelebt. Neben der Einbindung der Sauenhaltung fordert die AbL Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auf, neben dem Platz noch weitere Tierwohlkriterien aufzunehmen. Die Borchert-Kommission habe dafür eine gute Grundlage erarbeitet.
Ein Dorn im Auge ist der AbL zudem, dass Betriebe, die nach der EU-Bio-Richtlinie wirtschaften, automatisch in die höchste Stufe der Tierhaltungskennzeichnung eingeordnet werden sollen. Programme wie Neuland oder das Label des Deutschen Tierschutzbundes hätten jedoch zum Teil höhere Tierwohlstandards. „Es ist zu befürchten, dass sie durch die Benachteiligung in der Labeleinstufung über kurz oder lang vom Markt gedrängt werden“, warnte Schulz.
Beklagt wird von der AbL schließlich auch, dass die Finanzierung der höheren Kosten für die tierhaltenden Betriebe absolut unzureichend geklärt sei. Sie fordert daher, die vorhandene 1 Mrd Euro für die Betriebe mittels Verträgen langfristig und verbindlich einzusetzen und damit neben Investitionskosten auch laufende Kosten zu bezahlen. So ausgestaltet, wäre das zumindest ein guter Einstieg für die notwendige umfängliche Finanzierung laut den Borchert-Plänen. AgE