BERLIN. Grundlegende Änderungen am Regierungsentwurf für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz fordert auch der Handelsverband Lebensmittel (BVLH). Hauptgeschäftsführer Franz-Martin Rausch mahnte anlässlich der ersten Lesung des Regierungsentwurfes im Bundestag, dass die Regelungen bestehende Strukturen nicht gefährden dürften.
„Der Regierungsentwurf greift an mehreren Stellen deutlich zu kurz, um seine Ziele zu erreichen“, kritisierte Rausch. Die Vorlage sehe weder eine national einheitliche noch eine ausreichend belastbare Kontrollsystematik vor. Der Gesetzentwurf lasse wesentliche Tierarten, Produktgruppen, Verarbeitungsschritte und Absatzkanäle außen vor. Er gefährde privatwirtschaftliche Haltungs- und Kennzeichnungssysteme und benachteilige heimische Nutztierhalter. Zudem fehle ein schlüssiges Gesamtkonzept aus Bau- und Immissionsschutzrecht sowie Finanzierung.
Bei der Kontrolle der Kennzeichnung müssten sowohl das engmaschige, privatwirtschaftliche Kontrollnetz als auch die bestehenden Kontrollstrukturen privater Programme im Ausland genutzt werden, erklärte Rausch. Die Kriterien der staatlichen Kennzeichnung müssten mit denen privatwirtschaftlicher Tierwohlsysteme harmonisiert werden. Anderenfalls drohten Marktverschiebungen zu Lasten von Produkten mit höheren Tierwohlstandards und in der Folge eine massive Gefährdung der Initiative Tierwohl (ITW) und weiterer Tierwohlprogramme. Notwendig sei darüber hinaus ein Zeitplan, der die Einbeziehung weiterer Tierarten, Produktgruppen, Produktionsschritte und Absatzkanäle bis spätestens Mitte 2024 verbindlich vorsehe.
Grundsätzlich zufrieden ist man indes beim Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). „Die geplante, verpflichtende staatliche Haltungskennzeichnung ist ein überfälliger und wichtiger Baustein für den notwendigen Umbau der Tierhaltung in Deutschland“, sagte der geschäftsführende Vorstand des Bio-Spitzenverbandes, Peter Röhrig. Dass Bio in der geplanten Haltungskennzeichnung eine eigene Stufe wie bei der erfolgreichen Eierkennzeichnung erhalten solle, sei richtig und wichtig. Bio sei der einzige umfassende gesetzliche Standard für eine artgerechte Tierhaltung.
Wichtig sei, dass die vom Landwirtschaftsministerium angekündigte Ausweitung der Haltungs-kennzeichnung auf die noch fehlenden Lebensphasen beim Schwein und auf weitere Tierarten sowie verarbeitete Produkte und die Außerhausverpflegung zügig erfolge, erklärte Röhrig. So weit wie europarechtlich möglich sollte die Kennzeichnung ihm zufolge auch importiertes Fleisch umfassen. Im Bio-Recht sei bereits heute neben den Haltungsvorgaben für alle Lebensphasen relevanter Nutztiere auch die Kennzeichnung in allen Vertriebsbereichen europaweit geregelt. AgE/rm