WARSCHAU. In der polnischen Landwirtschaft hat die Zahl der Insolvenzen im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Nach Angaben des Kreditversicherers Coface wurde 2021 bei landesweit insgesamt 404 landwirtschaftlichen Unternehmen gerichtlich die Zahlungsunfähigkeit festgestellt und ein Insolvenzverfahren eingeleitet. Das waren mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor und mehr als in jeder anderen Branche der polnischen Wirtschaft.
Ohnehin wird die Landwirtschaft für viele polnische Bauern offenbar zu einem Armutsrisiko. Laut dem Nationalen Statistikamt (CSO) waren 2020 fast 14 % aller Bauernhaushalte von extremer Armut betroffen. Damit lag der Anteil dieser vom Sozialministerium in Warschau definierten Gruppe in der Landwirtschaft etwa drei Mal so hoch wie in der Gesamtbevölkerung.
Dementsprechend reagiert der Berufsstand sehr empfindlich auf die seit dem vergangenen Jahr anhaltende extreme Teuerung bei den Produktionskosten. Zwar hatte die polnische Regierung im Dezember und in dieser Woche zwei Antiinflationspakete auf den Weg gebracht, von denen auch die Landwirte profitieren sollen. Allerdings wird teils bezweifelt, ob beispielsweise die darin enthaltene temporäre Mehrwertsteuersenkung bei Dünger auf null einen nennenswerten positiven Effekt haben wird. Die Umsatzsteuer für derartige Käufe wird auch in Polen an die Landwirte zurückerstattet.
Vielen Bauern reichen die bisher getroffenen und angekündigten Maßnahmen daher nicht aus. In einigen Regionen wie der Wojewodschaft Westpommern haben Vertreter des Berufsstands daher zu Protestkundgebungen aufgerufen. Damit verbunden sind Forderungen wie beispielsweise die nach einem eigens auf die Landwirtschaft zugeschnittenen „Krisenschild“ sowie die Einführung einer staatlich abgesicherten Agrarversicherung und eines Risikomanagementsystems für die Agrarwirtschaft. AgE