BONN/BRÜSSEL. Für Deutschlands Winzer sind die Brüsseler Pläne zur Verringerung des Einsatzes von Pflanzenschutzmittel „von besonderer Brisanz“. Das von der EU-Kommission vorgeschlagene Totalverbot von Pflanzenschutzmitteln in sogenannten empfindlichen Gebieten würde dort das Aus jeglicher Bewirtschaftung von Rebflächen und damit die Aufgabe der strukturreichen und schützenswerten Landschaft sowie mittelfristig der nachgelagerten Wirtschaftsbereiche bedeuten, warnte der Deutsche Weinbauverband (DWV) gestern in Bonn. Verbandspräsident Klaus Schneider forderte daher von der Bundesregierung und von der EU-Kommission, die positiven Auswirkungen der weinbaulichen Bewirtschaftung in das vorgeschlagene EU-Pflanzenschutzpaket aufzunehmen und den Weinbau in Schutzgebieten zu stärken. Der Verordnungsvorschlag für eine nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln sehe dies bis jetzt nicht vor.
„Totale Verbote konterkarieren das Schutzziel und entziehen den Weinbaubetrieben ihre Existenzgrundlage“, kritisierte Schneider. Der DWV rechnet damit, dass mehr als 30 % der bundesweiten Rebfläche betroffen wären und lehnt das Totalverbot in den Schutzgebieten ab. Der Bundesverband plädiert für einen Pflanzenschutzmitteleinsatz, der sich an dem Schutzcharakter des entsprechenden Gebietes orientiert, beispielsweise in Anlehnung an das Biodiversitätsstärkungsgesetz in Baden-Württemberg.
„Erst durch die Nutzung als Weinbaufläche wird in vielen Schutzgebieten nachweislich die Biodiversität gefördert. Insbesondere in Lagen mit Trockenmauern. Diese sichern seit Jahrhunderten die Steillagen der Weinberge und bieten Lebensraum für schützenswerte Tiere wie der Mauereidechse oder dem Apollofalter“, hob Schneider hervor. Gerade die Steillagengebiete an Mosel und Mittelrhein besäßen bereits heute einen hohen ökologischen Wert. Dort sei der Weinbau der zentrale Baustein einer kleinräumlichen, stark strukturierten und seit Jahrhunderten stabilen Verbindung aus anthropogener Nutzung und ökologischer Nutznießung.
DWV-Generalsekretär Christian Schwörer schlug vor, statt pauschaler Totalverbote im Weinbau eine Analyse von Reduktionspotentialen durchzuführen, die Nachhaltigkeit und Landschaftserhalt in Einklang bringen könne. „Für eine erfolgreiche Umsetzung der Ziele müssen zudem die Anforderungen praxisnah in den Bereichen Planung, Monitoring und Evaluierung so gestaltet werden, dass die Winzer und Winzerinnen ihre Ressourcen prioritär auf die Umsetzung konkreter Maßnahmen fokussieren können“, so Schwörer. Der Entwicklung einer solchen praxisnahen Pflanzenschutzmittelreduktionsstrategie stehe der Weinbauverband offen gegenüber. AgE/jo