BERLIN. Obwohl die Corona-Krise auch an der deutschen Ernährungswirtschaft nicht spurenlos vorbeigegangen ist und in Teilbereichen für erhebliche Einschnitte gesorgt hat, bleibt die Branche optimistisch. Das zeigt eine Umfrage, die die Beratungsgesellschaft Ebner Stolz gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) und der Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss (ANG) im Herbst 2020 unter knapp 190 Unternehmen durchgeführt hat.
Wie aus der Befragung hervorgeht, rechneten 60 % der Teilnehmer zum damaligen Zeitpunkt für 2020 mit deutlichen Umsatzrückgängen, wobei die Erwartungen je nach Kundenstamm weit auseinandergingen. Während nur 49 % der Lebensmittelproduzenten mit Absatzschwerpunkt „Lebensmitteleinzelhandel“ einen Umsatzrückgang befürchteten, lag der entsprechende Anteil der Unternehmen mit Großhandel und Großverbrauchern im Kundenstamm bei 86 %.
Mit Blick in die Zukunft zeigte sich die Branche aber durchaus optimistisch: Insgesamt 57 % der befragten Unternehmen gingen davon aus, dass sich die allgemeine Geschäftslage wieder oder weiter verbessert und fast vier Fünftel der befragten Top-Entscheider setzten darauf, dass spätestens 2022 wieder die Umsatzniveaus der Vorkrisenzeit erreicht werden.
Deutlich wurde in der Befragung auch, dass die Corona-Pandemie den Wandel im Ernährungssektor beschleunigt: Nach Einschätzung der befragten Unternehmen werden sich bestehende Entwicklungen wie der Preis- und Margendruck fortsetzen. Zudem kämen Strategien und Geschäftsmodelle auf den Prüfstand; Trends wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung erhielten zusätzlichen Auftrieb und traditionelle Arbeitsmuster veränderten sich.
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie schlagen sich auch in den Beschäftigungsabsichten der Unternehmen nieder. Zwar erwarten laut Umfrage 58 % der Befragten für 2021 keine Veränderungen. Mehr als ein Viertel der Teilnehmer befürchtet jedoch, dass sie Personal abbauen müssen, im Bereich Großhandel/Großverbraucher sogar fast ein Drittel. Nur 8 % der Betriebe plant für das laufende Jahr Neueinstellungen.
Für BVE-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff belegt die Befragung, dass die deutsche Ernährungswirtschaft nicht durchweg zu den Gewinnern der Corona-bedingten Veränderungen im Markt gezählt werden kann. Er sieht die Wirtschafts- und Finanzpolitik mit der Bewältigung der Krisenfolgen vor einer „Mammutaufgabe“. Nun müssten rasch die „richtigen Weichen“ gestellt werden, damit Unternehmen am Standort Deutschland gerade angesichts der parallel anstehenden Nachhaltigkeitsanforderungen eine Perspektive haben, betonte Minhoff.
Dabei sieht der BVE-Hauptgeschäftsführer die Politik vor allem in der Pflicht, Ausstiegsszenarien aus den wiederholten Lockdowns zu entwickeln, die nach seinen Worten belast- und prüfbare Kriterien jenseits von „Wir haben Angst“ aufweisen müssen. Die Unternehmen benötigten Planungssicherheit auch in Zeiten der Pandemie, stellte Minhoff klar. Dazu gehöre auch eine möglichst zügige Durchimpfung. Der BVE-Geschäftsführer plädiert deshalb dafür, auch die Betriebsärzte der Unternehmen in die Impfkampagne einzubeziehen.